Call May 2023

Am 15. Mai 2022 startete die Berliner Polizei nach einem stadtweiten Verbot von Gedenkfeiern zum 74. Jahrestag der Nakba eine Reihe von Repressionen gegen Palästinenser*innen und ihre Unterstützer*innen. Aktivist*innen und Unbeteiligte wurden in verschiedenen Teilen der Stadt verhaftet. Am Ende des Tages nahm die Polizei 27 Aktivist*innen in Gewahrsam und verhängte gegen 25 von ihnen Geldstrafen in Höhe von insgesamt 8.269,50€. Viele von ihnen fechten die Bußgelder nun vor Gericht an. Mit diesem Vorgang erreicht die Kriminalisierung der Solidarität mit Palästina durch die Berliner Regierung eine neue Eskalationsstufe. Das ist auch Ausdruck eines umfassenden Angriffs auf die demokratischen Grundrechte der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Grundlegender aber spiegelt das Vorgehen der Berliner Regierung die Komplizenschaft des deutschen Staates mit der anhaltenden Unterdrückung des palästinensischen Volkes wider. Dies kann nicht unwidersprochen bleiben. Um den 15. Mai 1948 vertrieben zionistische Milizen im Zuge der Staatsgründung Israels rund 750.000 Palästinenser*innen aus ihren Dörfern und Städten. Dies ist als "Nakba", das arabische Wort für Katastrophe, in Erinnerung geblieben. Seitdem hat Israels gewaltsame Expansionspolitik das palästinensische Volk eines großen Teils seines Landes beraubt. Eingekreist von Mauern und Türmen sind viele Palästinenser*innen heute dazu gezwungen, in Freiluftgefängnissen zu leben, in denen sie zu Testobjekten für Israels Rüstungstechnologie werden. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Aufrufs waren seit Beginn des Jahres 2023 bereits mehr als 30 Palästinenser*innen von israelischen Streitkräften getötet worden.

Weder alte noch junge Menschen werden verschont. Israel hält jährlich bis zu 700 palästinensische Kinder in Gefängnissen, wo sie systematische Folter erfahren. Deutschland hat eine historische Verpflichtung, alle Menschenrechtsverletzungen anzuerkennen und ihnen entgegenzutreten. Das schließt auch das ein, was alle führenden internationalen Menschenrechtsorganisationen als Verbrechen der Apartheid und als Siedlergewalt bezeichnen. Doch anstatt die eigene historische Erinnerung in Richtung Solidarität mit allen Unterdrückten zu orientieren, benutzt der deutsche Staat sie, um Verbrechen und Unterdrückung zu unterstützen und zu beschönigen: Er finanziert und bewaffnet den israelischen Staat und bringt dessen Opposition im eigenen Land zum Schweigen.

Deshalb organisieren wir - Aktivist*innen, Organisator*innen und Bürger*innen aus Deutschland, den Vereinigten Staaten, Polen, Syrien und Palästina, christlichen, muslimischen und jüdischen Glaubens, sowie nicht-Gläubige gleichermaßen - uns, um uns zur Wehr zu setzen. Wir unterstützen die, die am Nakba-Tag Repressionen ausgesetzt waren. Wir unterstützen die, die Solidarität mit Palästina in Berlin aufbauen und sich gegen die Versuche Deutschlands stellen, die palästinensische historische Erinnerung zu beseitigen.

Demonstrationen, die dieses Jahr in Berlin die Nakba thematisieren, müssen stattfinden dürfen und Deutschlands Vorstöße zur Kriminalisierung der Palästinasolidarität müssen enden. Wir laden progressive Kräfte aus der ganzen Welt ein, sich unserem Aufruf anzuschließen.

Unterstützen
Erstunterzeichner*innen
  • Stephen Aberle (Independent Jewish Voices, Kanada)
  • Rashad Alhindi (Journalist & Regisseur)
  • Aufstehen gegen Rassismus Stuttgart
  • Elisa Baş (Klimaaktivistin, BIPoC for Future)
  • Yossi Bartal (Journalist)
  • Prof. Dr. Sirma Bilge (Universite de Montreal, Frankreich)
  • Dr. Heike Breitenbach (Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie)
  • BT3P Bundestag 3 für Palästina /Amir Ali, Judith Bernstein, Christoph Glanz
  • Christine Buchholz (ehm. Mitglied des Bundestags, DIE LINKE)
  • Bundesvorstand Die Linke.SDS
  • Francis Byrne (ver.di-Vertrauensmensch)
  • Prof. Dr. Jesus M. Castillo (Universität Sevilla)
  • Laurent Cohen (JUNTS, Catalan Association of Jews and Palestinians)
  • Prof. Dr. David Comedi (Institutsleiter National University of Tucumán)
  • Maria Carvalho Dantas (Abgeordnete des spanischen Parlaments)
  • Dror Dayan (Senior Lecturer for Media Production and Documentary, Liverpool)
  • Prof. Dr. Ulrich Duchrow (evangelischer Theologe und Sozialethiker, Kairos Europa)
  • Fiona Ferguson (Ratsmitglied, People Before Profit)
  • Georgia Fragkogianni (InterFem Collective e.V.)
  • Isabel Frey (Jiddische Sängerin und Doktorandin)
  • Omar el Hakeh García (Generalsekretär Centro Euro Arabe, Spanien)
  • Wieland Hoban (Vorsitzender der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost)
  • Dirk Jakob (Geschäftsführer DIE LINKE Siegen-Wittgenstein)
  • Hebh Jamal (Palästinensische Journalistin)
  • Wikke Jansen (Institut für Asien- und Afrikawissenschaften)
  • Manfred Jeub (ehm. Freiburger Schuldekan & Religionspädagoge)
  • Layla Kattermann (European Legal Support Center)
  • Ferat Koçak (Mitglied des Abgeordnetenhauses Berlin, DIE LINKE)
  • Dr. Jacob K. Langford (Bildungswissenschaftler am Zentrum für Transdisziplinäre Geschlechterstudien)
  • Dr. S D Lulz (Juristische Fakultät, Exeter)
  • Dr. Finn Lunker (Norwegischer Schriftsteller)
  • Farah Maraqa (Journalistin)
  • Ruth Moshkovitz (Judeobolschewiener*innen)
  • Safaa Mohajeri (Wissenschaftlerin)
  • Nazih Musharbash (Vorsitzender der Deutsch-Palästinensischen Gesellschaft)
  • Paul Murphy (Abgeordneter des irischen Unterhauses, Abgeordneter im Europaparlament, PBP)
  • Sheryl Nestel (International Jewish Collective for Justice in Palestine)
  • Dr. Amy R. Nestor (Literaturprofessorin, Georgetown University)
  • Dome Ravina Olivo (Rassismusforscherin)
  • Dr. Detlev Quitnern (Arbeitskreis Palästina Studien im DAVO)
  • Dominique Salomon (JUNTS, Catalan Association of Jews and Palestinians)
  • Kerem Schamberger (Kommunikationswissenschaftler)
  • Dr. Anne Schoon (Europa Union Berlin)
  • Dr. Albrecht Schröter (Vorsitzender der Städtepartnerschaft Köln-Bethlehem)
  • Shafi Sediqi (Migrant support network e.V.)
  • Dr. Lana Sirri (Forum Transregionale Studien)
  • Nirit Sommerfeld (deutsch-israelische Künstlerin)
  • Bríd Smith (Abgeordnete des irischen Unterhauses, PBP)
  • Prof. Dr. Eren Sözüer (Forscherin und Doktorandin an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Istanbul)
  • Petet Robinson (United Services Union, Australien)
  • Prof. Dr. Werner Ruf (Friedensforum Kassel)
  • Nine Fumiko Yamamoto (BIPoC Ukraine & friends in germany)
  • Dr. Anna-Esther Younes (Rassismusforscherin)
  • Maria Zaslavsky (JBW / Independant Jewish Voices)
  • Prof. Dr. Aram Ziai (Professor der Deutschen Forschungsgemeinschaft für Entwicklungspolitik und Postkoloniale Studien)